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Padua 2015


Der Italiener hat überhaupt ein tieferes Gefühl für die hohe Würde
der Natur als andere Nationen. Jeder, der nur irgend etwas treibt,
will Künstler, Meister und Professor heißen.
Johann Wolfgang von Goethe



Padua
Eine Reise der Tiroler Numismatischen Gesellschaft vom 25. bis 27. September 2015

Dieser Bericht ist Christine Dworak gewidmet, die gemeinsam mit ihrem Mann Helmut diese Reise für uns vorbereitet hat. Beide waren in Gedanken unsere steten Begleiter (ein herzlicher Dank sei an dieser Stelle an Dorli Nuding gerichtet, die kurzfristig die Führung der Reisegruppe übernommen hat).

Wenn es in unseren Gefilden kalt wird, strömen wir in den Süden. Padua ist mit seinem milden Klima eine gute Adresse, um die Erinnerung an den Sommer noch ein wenig wach zu halten, bevor der Winter Einzug hält.
Die in der Provinz Venetien gelegene Stadt ist eine der ältesten in Italien. Laut einer Sage soll sie vom Trojaner Antenor um 1184 v. Chr. gegründet worden sein.
Zu Österreich hat Padua eine ganz besondere Bindung, wurde es doch im Frieden von Campo Formio 1797 an Österreich abgetreten, nachdem es zuvor im selben Jahr von den Franzosen besetzt worden war. 1805 wurde es im Zuge des Pressburger Friedens Bestandteil des von Napoléon Bonaparte gegründeten Königreiches Lombardo-Venetien; als Teil dieses Königreiches kam Padua am 30. Mai 1814 wiederum zu Österreich, um schließlich durch den Wiener Frieden 1866 an das Königreich Italien angeschlossen zu werden.

Kunst und Kultur spielten in Padua schon im 14. Jahrhundert eine große Rolle. So war es ein gelungener Auftakt, die Reise der Tiroler Numismatischen Gesellschaft mit einer Besichtigung der so genannten Scrovegni Kapelle zu beginnen. Dieses 1303/1305 geweihte Kleinod war vom wohlhabenden Kaufmann und Bankier Enrico Scrovegni im Gedenken an seinen Vater initiiert worden. Die Kapelle besticht durch die Fresken des italienischen Malers Giotto di Bondone (1266–1337), der zu den Wegbereitern der Renaissance gehört und möglicherweise auch der Architekt des Gebäudes war. Der Wanddekor wurde von uns eingehend studiert. Neben 38 Szenen aus dem Leben Jesu sowie demjenigen Marias und ihrer Eltern, des heiligen Johannes und der heiligen Anna, zeigt er Allegorien der Laster, denen die drei theologischen Tugenden und die vier Kardinaltugenden gegenübergestellt sind. Über dem Eingangsportal überzeugt die Darstellung des Jüngsten Gerichtes sowie hinter dem Altar – mit Marmorfiguren des Giovanni Pisano (um 1250 – nach 1314) – das Grabmonument des Enrico.

Bereits mitten in der italienischen Kunstgeschichte des Trecento angekommen stand am Samstagmorgen ein intensives Kennenlernen Paduas im Rahmen eines mehrstündigen geführten Stadtrundgangs auf dem Programm. Ein kurzer Blick wurde auf die Ruinen des am Rand der Altstadt gelegenen römischen Amphitheaters geworfen, um anschließend einen Stop beim legendären Kaffee Pedrocchi einzulegen (um 1831 um- bzw. ausgebaut, im zweiten Weltkrieg stark zerstört und originalgetreu wieder hergerichtet), schließlich soll die Kaffeehauskultur in Italien erfunden worden sein. Die drei verschiedenfarbigen Räume des Erdgeschosses in den Landesfarben Grün, Rot und Weiß bedienten einstmals die verschiedenen Gesellschaftsschichten. Der grüne Bereich wurde z.B. vornehmlich von den Paduaner Studenten genutzt, die hier keinesfalls gezwungen waren, etwas zu konsumieren. Bereits kurz nach seiner Eröffnung etablierte sich das Kaffeehaus zu einem Treffpunkt der intellektuellen Szene. Unsere Gruppe faszinierte vor allem das legendäre Getränk des Hauses: der Kaffee Pedrocchi! Ein heißer Espresso mit grünem Milchschaum. Das Geheimnis der grünen Farbe und des doch recht eigenwilligen Geschmacks ist schlichtweg Pfefferminze.

Eine weitere Station des Rundganges war die 1222 gegründete Universität, die Aula Magna und das Teatro Anatomico wurden leider nicht besichtigt, an der schon Galileo Galilei (1564–1642) gelehrt hatte und die noch heute mit über 60.000 Studenten zu den bedeutendsten Italiens gehört. Weiter ging es vorbei am Palazzo della Ragione, der im Obergeschoss den ehemaligen Rats- und Gerichtssaal beheimatet, mit seinem legendären Markt, zur Via
S. Francesco mit einem Grabmal, welches dasjenige des trojanischen Helden Antenor sein soll – jüngste Forschungsergebnisse belehren uns eines Besseren.
Höhepunkt und Abschluss des Rundganges war der Besuch der Basilika des heiligen Antonius (begonnen 1232), zu der jedes Jahr zahlreiche Gläubige aus der ganzen Welt pilgern. Im Zentrum des Heilgenkults stehen hier vor allem die Grabkapelle mit dem Sarkophag des Antonius und die Schatzkapelle hinter dem Hochaltar mit seinen Reliquien, etwa seiner Zunge, sowie einigen Gewändern.
Am Hochaltar selbst sind die beeindruckenden Arbeiten Donatellos (um 1386 – 1466) zu sehen. Von ihm stammt auch das monumentale Reiterstandbild des venezianischen Feldherrn Erasmo da Narni, genannt Gattamelata, auf der Piazza del Santo vor der Kathedrale.

Als weiteres Highlight des Tages erwies sich die idyllische Tour auf dem ca. 33 Kilometer langen Brenta-Kanal, einer direkten Verbindung zwischen Padua und Venedig und einst ein viel benutzter Reiseweg. Wir zogen in einem kleinen Ausflugsschiff dahin, vorbei an zahlreichen für die Region typischen Villen, die den wohlhabenden Venezianern in früheren Zeiten als Landsitz während der heißen Sommermonate gedient hatten. Insgesamt sind es mehr als 40 – einige verfallen, andere geradezu einladend hergerichtet.
Die Fahrt wurde unterbrochen, um eine der Villen zu besichtigen: die Villa Widmann Rezzonico Foscari in Mira (1719 vom Architekten Antonio Triali konzipiert; in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts unter der aus Kärnten stammenden Familie Widmann im französischen Rokokostil umgebaut). Uns beeindruckten die Luster aus Muranoglas ebenso wie der große Salon mit den um 1750 ausgeführten Wandmalereien des Giuseppe Angeli, einem Mitarbeiter des Giovanni Battista Tiepolo. Angeli ist auch das Deckengemälde mit der Darstellung der Apotheose der Familie Widmann zu verdanken.
Weiter ging es an Bord unseres Schiffes den Brenta-Kanal entlang. Bisweilen mussten an Deck während der Durchfahrt unter Brücken die Köpfe eingezogen werden. Allzu niedrige Brücken wurden für die Weiterfahrt geschwenkt, gedreht oder verschoben. Ein sehr unterhaltsames Spektakel, in dessen Genuss wir gleich mehrfach kamen.
Die Tour endete schließlich bei der Casa Foscari, genannt La Malcontenta, mit ihrem von ionischen Säulen getragenen Portikus, der griechischen Tempeln nachempfunden ist. Es handelt sich übrigens um die einzige Villa entlang dieser Strecke, die Andrea Palladio (1508–1580) zu verdanken ist, dem bedeutenden Renaissance-Architekten in Oberitalien.

Vor der Retourfahrt nach Padua mit dem Bus führte uns ein Abstecher ins Zentrum von Dolo, wo man schon im 16. Jahrhundert die Kraft der Brenta erkannte und sich mittels Mühlen zu Nutze machte. Vor dem Panorama einer solchen gab es einen schnellen Aperitif und schließlich ein gemeinsames Abendessen in Padua selbst.

Der Sonntag begann zunächst mit der verpassten Chance des auf dem Programm angekündigten Besuchs des Bottacin Museums im Palazzo Zuckermann (es gibt viele Gründe nach Padua zurück zu kommen, dies ist einer davon). Das Museum öffnete seine Pforten für die Besucher just zum selben Zeitpunkt, als sich unser Bus bereits in Richtung Heimat mit einem Zwischenstop in Bassano del Grappa in Bewegung setzte. Die Stadt ist nicht nur auf Grund des nach ihr benannten Grappa sowie der Keramikproduktion bekannt, sondern auch durch die kurz nach dem 2. Weltkrieg von den Alpini, den italienischen Gebirgsjägern, nach einem Entwurf Palladios aus dem Jahr 1569 rekonstruierte Brücke.

Den Abschluss der gelungenen Reise bildete eine originale Südtiroler Brettl-Marende im Gasthof Sachsenklemme in Franzensfeste bevor es über den Brenner wieder in Richtung Heimat ging.

Katja Schmitz-von Ledebur